ist immer auch die Geschichte seiner Stadt
Krefeld ist bekannt als Samt- und Seidenstadt und einer der Orte in Europa, der durch die Textilindustrie geprägt wurde und durch die Seide weltweit bekannt war.
In der Gegenwart ist Krefeld durch zwei Zentren geprägt, das kurkölnische am Rhein gelegene Uerdingen (Stadtrechte 1255) und die weit landeinwärts gelegene und bedeutend größer gewachsende Stadt Krefeld (1373 zur Stadt erhoben).
Bereits seit 1811 verband die beiden Städte eine durch französische Ingenieure unter Napoleonischer-Besatzung ausgebaute Verbindungsstraße, die schnell zu den meistbefahrenen Handelswegen in Europa gehörte.
Uerdingen hatte die Rolle der Handelsstadt, die das Hinterland und insbesondere Krefeld (aber auch Mönchengladbach, Viersen, Aachen, Belgien) über ihren natürlichen Umschlagplatz am Ufer des Rheins versorgte. Zudem war Uerdingen wichtiger Zollort und ein Standort der ersten industriellen Betriebe der Region, die Zuckerraffinerien.
Beide Städte sind insbesondere durch die beginnenden Krefelder Hafenplanungen um 1900, die intensiven Siedlungstätigkeiten und Eingemeindungen Krefelds (Linn 1901, Bockum 1907), den gleichzeitigen Mangel an Fläche und Wohnraum in Uerdingen, heute eng verbunden. Seit 1929 sind beide Städte auch formell vernetzt, erst als Sonderkonstrukt einer Stadtgemeinschaft, seit 1940 aber zwangsvereint.
Während Krefeld als ein Eisenbahnknoten mit der Ruhrort-Krefelder Eisenbahn 1849, schnell darauf mit weiteren Verbindungen von Köln, Aachen, Kleve, Paris, vor allem aber seine überragende Seidenindustrie eine überregionale und sogar internationale Bedeutung ausbauen konnte, entstanden in Uerdingen seit 1877 eine gewaltig wachsende Farbenfabrik, es wurden dort im Maschinenbau auch Dampfkessel und Trocknungsanlagen hergestellt, Öle und große Mengen an Spirituosen.
Erst vergleichsweise spät gegen 1880 begann in Krefeld die Mechanisierung der zuvor noch durch die Seidenweberei mit Handwebstühlen eher handwerklich geprägten Textilindustrie. Es entstanden in der Folge große industrielle Webereien mit Websälen in denen hunderte mit Dampfmaschinen angetriebene mechanische Webstühle standen, metallverarbeitende Zulieferbetriebe die diese neuartigen Webstühle herstellten, industrielle Färbereien die mit chemischen Farben arbeiteten.
Um 1900 siedelte sich bei Krefeld (in der damals noch bis 1929 eigenständigen Gemeinde Fischeln) Schwerindustrie an, ein ganzes Stahlwerk wurde gebaut. Dort und um die wachsenden Betriebe in der Stadt, wie Beispielhaft die Crefelder Baumwollspinnerei als einer der größten Arbeitgeber, entstand für die nun stark wachsende Arbeiterschaft ein hoher Bedarf für mehr Wohnraum. Neue Siedlungen wurden als Werkswohnungsbau, später durch Baugenossenschaften, letztendlich sogar durch die Stadt selbst gebaut.
Denn seit 1905 lockte der neue Rheinhafen Krefeld vor allem die Nahrungsmittelindustrie mit gleich mehreren Getreide- Großmühlen und deren zugehörige Silos an, aber auch Ölfabriken fanden am neu entstandenen Hafenbecken ein ideales Umfeld, ein modernes Hochofen-Stahlwerk entstand dort ebenso, eine Seifenfabrik war einer der ersten Betriebe am Hafen.
All diese Industriebetriebe und die hohe Einwohneranzahl (um 1900 rund 100.000) erzeugten folglich hohe Mengen an Abwasser. Ein Abwasserkanal aus der Stadt zum Rhein war bereits 1874 gebaut worden, aber die Abwässer der Stadt und der Gewerbe mussten nun auf Anordnung der Regierung auch gereinigt werden.
Die Stadt Krefeld plante drauf hin eine Reinigungsanlage, die 1910 in Betrieb ging. Das Krefelder Klärwerk wurde als eine moderne großtechnische Anlage erbaut, verwendet wurde der damals noch neuartige Baustoff Beton, der der Reinigungsanlage eine vollkommen neue Formgebung im Jugendstil erst ermöglichte. Gereinigt wurde das Abwasser in der Klärhalle mittels feiner Rechen, ein Hochwasser-Pumpwerk in einer weiteren Halle ergänzt die Funktion.
Das Klärwerk wurde dabei für eine rund dreifach größere Bevölkerungszahl ausgelegt, der Zusammenhang war der benachbarte und kurz zuvor entstandene Rheinhafen. Dieser sollte der Ausgangspunkt für ein internationales Kanalprojekt werden, den Rhein-Maas-Schelde Kanal von Krefeld bis ans Meer nach Antwerpen in Belgien. Dies hätte eine enorme Attraktivitätssteigerung und noch mehr Industriebetriebe und Ansiedlungen ergeben, die in höchster Baukultur erschaffene Kläranlage war in ihrer Dimension und detailreichen und durchdachten Ausführung bereits darauf ausgerichtet, der Kanal wurde aber nie gebaut.
Hohe Baukultur setzte sich in Krefeld dennoch fort, denn der später weltberühmt gewordene Architekt Mies van der Rohe wurde in Krefeld mehrfach tätig, und sollte danach nicht nur im Bauhaus Geschichte schreiben, sondern den “internationalen Architekturstil” mit prägen. In Krefeld erbaute er, nach zwei Villen für die Seidenindustriellen des international führenden Seiden-Konzerns Verseidag, für diese auch seine weltweit einzige Fabrik.
Nachdem im Dritten Reich die Nationalsozialisten die Macht übernahmen, auch mit Hilfe einiger Krefelder Industrieller durch Arisierungen, Mord und Deportation ihre grausamen Spuren in der Stadt bei der jüdischen Bevölkerung hinterlassen hatten – mehr zu diesem Kapitel der Stadtgeschichte in der NS-Dokumentationsstätte Villa Merländer – wurde am Ende des zweiten Weltkriegs die Bombardierung der Stadt durch die Alliierten ein einschneidendes Erlebnis.
Nicht nur die halbe und ehemals ausserordentlich bemerkenswerte Innenstadt Krefelds war in Schutt und Asche gelegte, tausende Menschen hatten ihr Leben verloren. In Uerdingen sprengten deutsche Truppen auf dem Rückzug die fast noch neue Rheinbrücke, bevor amerikanische Panzer sie überqueren konnten.
Die Nachkriegszeit war durch enormen Wohnungsmangel und ankommende Flüchtlingsströme geprägt, Notsiedlungen entstanden, erst das Wirtschaftswunder brachte Konsum, eine Flut von Eigenheim-Siedlungen um die Stadt, und damit eine automobile Ausrichtung mit sich.
Die Industrie, ob Textil, Metall oder Chemie, erholte sich zusehends, der Wohlstand kam langsam zurück. Allerdings damit auch einige Umwelt- Planungs- und bis heute ungelöste Verkehrsprobleme. Eine Großsiedlung (Gartenstadt / Elfrath) entstand als Beispiel eines Satelliten weit draußen auf der grünen Wiese.
Der Mangel an Kläranlagen der Industriebetriebe entlang des Rheins führten zu einer extremen Belastung des Flusses, das nunmehr vollkommen veraltete Krefelder Klärwerk wurde zudem 1962 abgeschaltet, ohne einen funktionierenden Ersatz zu haben.
Lange Jahre stand dann die alte Anlage leer, bis endlich 1980 das zweite und neue Krefelder Klärwerk voll seinen Betrieb aufnehmen konnte. Die alte erste Anlage wurde 1982 unter Denkmalschutz gestellt und als Abwasser-Pumpstation (Pumpen des Abwassers zum neuen Klärwerk) umgebaut und erneut in Dienst gestellt. Dies wiederum führte aufgrund biogener Schwefelsäure Bildung im nun noch stärker industriell belasteten ankommenden Abwasser zu großen Schäden am Baudenkmal.
Um 1998 wurde diese neue Nutzung gestoppt und das Klärwerk wurde verlassen. Im Stillstand und durch seinen bedenklich schlechtem Zustand wurde es zu einem international bekannten “lost place”. Vandalismus Schäden summierten sich.
Im Jahr 2018 wurde es an vier Freunde verkauft und wird seit 2019 als einzigartiges technisches Industriedenkmal erhalten und die Originalsubstanz schonend Schritt für Schritt instand gesetzt.
Wenn Sie das Klärwerk besichtigen möchten: siehe Besuch