im alten Klärwerk

Die 1909 erbaute alte Kläranlage in Krefeld stellte damals den Abschluss der modernen Stadtentwässerung dar. Heute ist sie ein Industriedenkmal das bei Führungen und Veranstaltungen erlebt werden kann.
Die nächsten Führungen sind:
Veranstaltungen im alten Klärwerk:
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Wie alles begann:
Am Anfang war die Kanalisation
Abwässer verschwanden seit der Hochphase der Industrialisierung in einer unsichtbaren Stadt unter der Stadt und sorgten als Kanalisation und erstes menschengemachtes technisches Netzwerk für den zuverlässigen Transport von Krankheitserregern und Abfall, aber auch Produktionsrückständen der Industrie, hinaus aus der Stadt.
Dann entstanden Probleme an den Füssen
Die riesigen Probleme der Wasser-Verschmutzung sollten durch neuartige Abwasser-Kläranlagen gemildert werden. Aber freiwillig wollte kein Industriebetrieb, keine Stadt eine Kläranlage bauen. Einschlägige Abwasser-Gesetze gab es noch nicht, daher warteten die höheren Regierungsbehörden, für den Rhein war das damals die Preußische Rheinbaustromverwaltung, auf eine günstige Gelegenheit: Die bot sich in Krefeld durch den beabsichtigten Bau eines Rheinhafens.

Das Krefelder Klärwerk sollte das Abwasser der Stadt und das des neuen Hafens klären. (Siehe Rheinhafen auf industriekultur-krefeld.org)
Es wurde ca. 6km von der Innenstadt Krefeld entfernt nahe des Rheins erbaut, aber noch unmittelbar vor der am Ufer liegenden Stadt Uerdingen. Es war zur Bauzeit hochmodern und blieb über zwei Weltkriege und technisch unverändert bis 1962 in Betrieb. Die Reinigung erfolgte rein mechanisch, mit feinen Rechen.

Das Klärwerk besteht aus der großen und hohen Klärhalle mit der Reinigungsfunktion, es diente aber zugleich mit seinem Maschinenhaus als Transformatorenstation für die Verteilung von Elektrizität, und als Hochwasserpumpwerk (im Foto die kleinerer vordere Halle) und hat weitere angrenzende Gebäudeteile.
Verwendet wurde der damals recht neuartige Baustoff Eisenbeton, sodass stützenfreie hohe Hallen als Beton-Monolithen geformt werden konnten. Das Klärwerk ist im Jugendstil gestaltet.
Das Gelände der Reinigungsanlage war als eine Parklandschaft gestaltet, das eigens vorhandene Besucherportal erlaubt für Gäste den Blick in eine der damals modernsten Errungenschaften für Hygiene und Umweltschutz, schon bevor diese beiden Fachwörter in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen waren.
Durch Zufälle der Geschichte blieb das Klärwerk auch nach seiner Außerdienststellung um 1962 weiterhin erhalten. Von 1980-1998 wurde es als Abwasser-Pumpstation und Künstler-Atelier umgenutzt. Dabei gingen allerdings einige technische Einbauten verloren und dem Haus wurden, trotz des 1982 gewährten Denkmalschutzes, leider erhebliche Schäden zugefügt.
Nachdem das Haus danach rund 20 Jahre als Lost Place völlig ungenutzt und in die Vegetation im Dornröschenschlaf eingewachsen war, wurde es 2018 erneut entdeckt und wird seitdem instand gesetzt.
Eine Kläranlage aus der Entstehungsgeschichte ist heute eine Raritäten. Das alte Klärwerk in Krefeld (1909) ist zusammen mit der Kläranlage Stará Čistírna in Prag (1904), den Resten des Klärwerks in Frankfurt Niederrad (1887), der Kläranlage North Side Seewege Treatment Plant in Chicago (1928) von vermutlich hunderten um 1880-1930 erbauten ersten Kläranlagen eines der ältesten Exemplare, weltweit.
Warum sind alte Klärwerke heute wichtig? Wir brauchen eine neue Wasserkultur. Und diese kann nicht ohne Erinnerung entstehen.
Der Klimawandel hat nicht nur unser aller Versäumnis Wasser klug zu nutzen und zu verwalten verstärkt, sondern auch die Gefahren von zu wenig, oder zu viel Wasser, stellt den Planeten und die globale Wasserpolitik vor völlig neue Herausforderungen.
Daher müssen wir Wege finden, um Menschen mit Wasser neu zu verbinden, Wasserbewusstsein verbessern. Wassermuseen und Artefakte wie das alte Klärwerk spielen in diesem Prozess eine Schlüsselrolle. Es geht um Wasser- Kulturerbe.
Der Rhein

Im Land am Rhein bestimmt seit Urzeiten der Fluss die Landschaft und damit die Geschicke der Menschen. Er ermöglichte das Entstehen von großen Städten an seinem Ufer, war und ist für den Handel, die Industrie, eine wichtige Grundlage.
Spätestens seit 1850 nahm die Industrialisierung entlang des Rheins immer mehr Fahrt auf, Fabriken boten neue Arbeitsplätze, die Bevölkerung der Städte wuchs rasant.
In diesen wachsenden Städten war die Gesundheit angegriffen, Epidemien zogen durch enge Stadtviertel. Eine der wichtigsten und auch umstrittensten Fragen jener Zeit war:
Was macht die Menschen in den Städten krank? [+]
Und wenn man den Grund für Krankheitsübertragungen erkennt, was kann man tun um die Lebensverhältnisse in den Städten zu verbessern?
Städtische Infrastruktur
Frisches sicheres Wasser war eine der Lösungsansätze, gleichzeitig die Idee der Erschaffung einer modernen Kanalisation [+]. Hunderte Kilometer Abwasserkanäle sind so im Untergrund der Städte entstanden, eine ganze Welt für sich, das erste moderne und unsichtbare Netzwerk in der Menschheitsgeschichte. Mehr lesen[+]
Abwasser
Wenn Abwasser und später Fäkalien aus den Städten hinaus geschwemmt werden, dann verbessern sich die Lebensumstände in den urbanen Ballungsräumen erheblich, so die Idee.
Aber außerhalb der Städte kommen dann neue Belastungen ans Tageslicht, denn irgendwohin leitet jedes Kanalsystem die Abwässer ab.
Abwasserreinigung
Um die unansehnlichen stetig anschwellenden Mengen an Abwässern und Schmutz in den Füssen zu begehen, wurden seit 1880 in Deutschland die ersten Kläranlagen gebaut. Die Abwässer wurden dort durchweg “mechanisch” gereinigt, in großen Absetzbecken durch Sedimantation, oder aber durch feine Siebe- und Rechenanlagen.

Krefeld erbaute das erste Klärwerk der Stadt zwischen 1908-1909 nahe dem Rhein bei Uerdingen. Das Krefelder Klärwerk war aber nicht nur eine schlichte ingenieurtechnische Anlage, sondern sie war das vorgezeigte Symbol für Moderne und Fortschritt einer aufstrebenden Stadt. Es sollte als Bauwerk die Menschen beeindrucken.
Seit 1962 ist das Klärwerk ausser Dienst, letzte Anlagenteile wurden 1998 stillgelegt. Im Inneren und Äußeren ist die Funktion und Gestaltung der Anlage aber ablesbar erhalten geblieben.
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